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Erscheinen - eine debütspezifische Lesereihe der Zerlesebühne

Mascha Unterlehberg - Laura Dürrschmidt - Michèle Yves Pauty - Ruth-Maria Thomas

Der Weg bis zum literarischen Debüt ist lang, hart, und zeitweise hoffnungslos, die Wege des Literaturbetriebs sowieso unergründlich. Nach der Veröffentlichung sieht der fertige Roman aus, wie eine geradlinige Erfolgsgeschichte. Doch hinter jedem Debüt steckt mehr: Zweifel, Umwege, Absagen – und die Frage, wie man es überhaupt schafft, gehört zu werden. Wie findet man einen Verlag? Braucht es eine Agentur? Und was kommt nach dem großen Moment, wenn das Buch endlich erscheint?

ERSCHEINEN möchte vier zeitgenössische Autor*innen

vorstellen, tief in ihre Romane eintauchen und die

unromantischen Prozesse dahinter sichtbar machen. 

ERSCHEINEN wird gefördert vom

Kulturamt der Stadt Münster

und der

Kunst & Kultur Stiftung des Münsterland e.V.

Kulturamt der Stadt Münster
Stiftung Kunst & Kultur Münsterland e.V.
Wenn wir lächeln

Mascha Unterlehberg - Wenn wir lächeln 
                                06.06.2025

Mascha Unterlehberg

Jara steht auf der alten Eisenbahnbrücke über der Ruhr und starrt ins tiefdunkle Gewässer. Anto, die gerade noch neben ihr saß, ist in den Fluss gesprungen und taucht nicht wieder auf. Das Einzige, was Jara von hier oben erkennen kann, ist der Baseballschläger, mit dem sie in dieser Nacht ein Autofenster eingeschlagen haben und der jetzt nicht sinken will.
Als Jara zum ersten Mal auf Anto trifft, ist diese zwar die schlechteste Spielerin auf dem Fußballplatz, aber trotzdem mit Abstand die mutigste. Die beiden freunden sich an, und schnell ist klar: Ihre Schwesternschaft steht über allem – sie teilen Lipgloss, Cherry Cola und Gewaltfantasien. Jeden Abend ein neuer Plan, sie haben alles im Blick und alles im Griff. Bis ihnen Stück für Stück die Kontrolle entgleitet. Und nun bleibt die Frage: Wohin mit all der Wut?
In ihrem Debütroman zeichnet Mascha Unterlehberg das bestechende und kraftvolle Porträt einer zarten Freundinnenschaft, die sich gegen den Druck von außen und eine stets drohende Gewalt behaupten muss – bis es Zeit ist, zurückzuschlagen.

MASCHA UNTERLEHBERG, geboren in Mülheim an der Ruhr, hat Literaturwissenschaften und Kunstgeschichte in Freiburg und Paris studiert sowie am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Sie hat an Theatern in Deutschland und der Schweiz gearbeitet, war Finalistin des 27. open mike und nahm mit ›Wenn wir lächeln‹ 2023 am Literaturkurs in Klagenfurt teil.

Foto: Birte Filmer

Es gibt keine Wale im Wilmersee

Laura Dürrschmidt - Es gibt keine Wale im Wilmersee
                                       12.07.2025

»Es gibt Dinge, die gehören dem Wasser.«

Wenn der Winter kalt genug ist, friert der Wilmersee zu, und man kann über das Eis bis auf die kleine Waldinsel gehen. Der Winter, als die Erzählerin acht war, war kalt. Aber nicht kalt genug. In diesem Winter verlor sie Alice und ihren Namen an den See.

Seitdem spricht man nicht mehr in ihrer Familie. Und mit der Sprache verschwinden auch die Menschen – die Mutter, der Vater, die Schwester. Die Erzählerin zieht sich ganz in ihre Erinnerungen zurück, in eine Zeit, in der die Mutter ihr Geschichten von den Walen im Wilmersee erzählte und das dunkle, leere Haus noch voller Leben war. Nur so ist sie sicher davor, noch mehr zu verlieren.

Bis eines Herbsttages Jora vor der Tür steht, eine junge, rothaarige Frau, die sich mit dem Schweigen nicht zufriedengibt. Aber es ist gefährlich, Jora und ihre Suche nach Geschichten ins Haus zu lassen, denn auch sie könnte einfach wieder verschwinden.

Laura Dürrschmidt, geboren 1994 in Seligenstadt am Main, studierte Buchwissenschaft und British Studies in Mainz, wo sie sich auf Typographie spezialisierte. 2020 wurde sie beim jungen Literaturforum Hessen-Thüringen ausgezeichnet und nahm mit Es gibt keine Wale im Wilmersee an der Romanwerkstatt der Jürgen-Ponto-Stiftung in Edenkoben teil. Laura Dürrschmidt lebt in Leipzig.

Foto: Inka Hilsenbeck

Laura Dürrschmidt
Familienkörper
Michèle Yves Pauty

Michèle Yves Pauty - Familienkörper
                                   TBA

Über das Geflecht einer Familie, drei Generationen von Frauen, Medical Gaslighting und Gender Medizin

Die Geschichte einer Abgrenzung, eines Zueinanderfindens
Das warme Abendlicht füllt den Raum, die Ich-Figur spielt mit den Plastikpferden im Gang. Die Mutter liegt im Fernsehstuhl, bewegt sich nicht, die Füße hochgelagert, antwortet nicht. Also zum Haustelefon, Nummer erinnern, mit der Drehscheibe wählen. Dabei zusehen, wie sich die Lifttüren mit den Sanitätern und der Mutter auf der Pritsche schließen. – Es wird nur eine Erinnerung von vielen sein.
Ein gesunder Körper in einem kranken
Das Ich wächst im Tirol der 80er-Jahre auf, zwischen schneebedeckten Bergspitzen und dem schlammgrünen Fluss, der sich durch die Stadt schlängelt, lebt im Olympischen Dorf. Wächst als gesunder Körper zwischen kranken auf. Großmutter, Mutter, Schwestern – Krankheit trifft alle. Nieren, Schilddrüse, Allergien, Erschöpfung, jede Geburt eine Opfergabe, Gebärmutterentfernung beinahe Tradition. Die Ärzt*innen reagieren nicht, wiegeln ab. Um sich selbst zu schützen, entfremdet die Ich-Figur sich immer mehr. Und beginnt dann doch, alles zusammenzusetzen, verwebt einen Familienkörper.

Michèle Yves Pauty (*1982) hat Fotografie und Deutsche Philologie in Wien und Literarisches Schreiben in Hildesheim und Leipzig studiert. Pauty hat in diversen Magazinen und Anthologien veröffentlicht, 2021 folgte die Auszeichnung mit dem Hilde-Zach-Literaturförderstipendium. Pauty lebt in Wien und Leipzig und ist Teil des Künstler*innen-Kollektivs sy:rup. Im Februar 2025 erscheint das Debüt „Familienkörper“ im Haymon Verlag.

Foto: Michaela Putz

Ruth-Maria Thomas - Die schönste Version
                                        TBA

​Die späten Nullerjahre, frühen 2010er Jahre in einer ostdeutschen Kleinstadt: Die schönste Version erzählt die Geschichte von Jella und Yannick, von der ersten großen Liebe, die alles richtig machen will. Bis es kippt. Wieder zurück in ihrem Kinderzimmer fragt Jella sich, wie es so weit kommen konnte. Sie schaut noch einmal genauer hin: auf ihr Aufwachsen in der Lausitz. Kleinstadt und Kiesgruben, Gangsterrap und Glitzerlipgloss. Auf Freundinnen, die sie durch so vieles trugen. Und auf den Moment, in dem Yannicks Hände sich um ihren Hals schlossen.

Die schönste Version ist die Geschichte eines Erwachens, Erkennens, Anklagens, eine große Introspektion: Ruth-Maria Thomas schreibt über das Frauwerden, Frausein, von Körpern, Begierden und tiefen Abgründen. Mit stilistischer Brillanz, großer Leichtigkeit und Drastik erzählt Ruth-Maria Thomas in ihrem funkelnden Debütroman von den schönsten Dingen. Und den schrecklichsten.

Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2024, den aspekte-Literaturpreis 2024 und für das Lieblingsbuch des Deutschschweizer Buchhandels 2025

Ruth-Maria Thomas, 1993 geboren und in Cottbus aufgewachsen, war als Sozialarbeiterin in der Jugendhilfe tätig. Sie studierte am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig und ist Mitgründerin des erotischen Literaturmagazins Hot Topic!. 2022 war sie Finalistin des Open Mike. In ihren Texten, die u. a. im Rundfunk und in Literaturmagazinen erscheinen, beschäftigt sie sich immer wieder mit den Fallstricken weiblicher Sozialisation. Zuletzt erschien ihre Kurzgeschichte Glitzer in DAS GRAMM und wie ich frau bin bei SuKuLTuR. 

Foto: Urban Zintel

Ruth-Maria Thomas
Die schönste Version

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